‚Zusammenarbeit‘ mit Davide Seruggia

In der Biomedizin ist Zusammenarbeit mehr als nur ein Schlagwort – sie ist ein wesentlicher Bestandteil des Fortschritts im Verständnis komplexer Krankheiten. Da sich Technologie und wissenschaftliches Wissen weiterentwickeln, hat sich auch der Umfang der Forschung auf zahlreiche spezialisierte Bereiche ausgeweitet, die jeweils einzigartige Einblicke und Werkzeuge einbringen. Folglich ist die Biomedizin zunehmend auf interdisziplinäre Forschungsgruppen angewiesen, in denen Wissenschaftler mit unterschiedlichen Hintergründen ihr Fachwissen bündeln. Dieser fächerübergreifende Ansatz ermöglicht es Forschern, große Herausforderungen, wie beispielsweise Krebs, mit einer Präzision und Innovation anzugehen, die für einzelne Wissenschaftler allein unerreichbar wäre.

„Wissenschaftliche Fragen können schneller und präziser beantwortet werden, wenn man auf die Expertise von Kollegen zurückgreift“, betont Davide Seruggia. Er und sein Team am St. Anna CCRI konzentrieren sich auf pädiatrische Leukämie. Sie untersuchen genetische und epigenetische Faktoren – spezifische „Schalter“ in der DNA, die das Wachstum von Krebszellen antreiben. Ihr Ziel ist es, neue, gezielte Behandlungen zu entwickeln. Für Seruggia ist Zusammenarbeit entscheidend, um im Kampf gegen Kinderleukämie voranzukommen.

Interview

Science Communication Team: Inwieweit spielen interdisziplinäre Zusammenarbeit und der Austausch von Wissen in Ihrer Forschung eine Rolle?

Davide Seruggia: Zusammenarbeit und Wissensaustausch sind grundlegende Elemente der heutigen Wissenschaft. Es ist unrealistisch, dass ein einzelner Forscher alle Disziplinen beherrscht, die für große wissenschaftliche Entdeckungen notwendig sind, wie Zellbiologie, Genomik, Statistik, mathematische Modellierung, Polymerphysik … Doch durch Zusammenarbeit kommen all diese Fähigkeiten in einer Gruppe kollaborativer Wissenschaftler zusammen.

Science Communication Team: Inwiefern hat sich die Bedeutung der Zusammenarbeit durch den technologischen Fortschritt verändert?

Davide Seruggia: Ich glaube, dass sowohl die Komplexität der Wissenschaft als auch der Technologie stetig zunimmt. Daher war Zusammenarbeit in der Vergangenheit wichtig und wird auch in der Zukunft wichtig bleiben. Das sind zwei parallele Linien, die niemals kreuzen sollten. So wird die Forschung immer von neuen, komplexeren und präziseren Technologien profitieren.

Science Communication Team: Welche Projekte oder Forschungsthemen verbinden Sie und Ihre Forschungsgruppe mit anderen Gruppen innerhalb der St. Anna Kinderkrebsforschung?

Davide Seruggia: Gemeinsam mit der Halbritter-Gruppe kombinieren wir die Differenzierung hämatopoetischer Stammzellen mit Genomik und maschinellem Lernen, um bessere Methoden zur Gewinnung reifer Zellen in vitro zu entwickeln. Mit der Boztug-Gruppe erstellen wir Mausmodelle, die exakt dieselben Mutationen tragen wie Personen mit seltenen Krankheiten. Mit der Grebien-Gruppe konzentrieren wir uns auf eine Familie von DNA-bindenden Proteinen und verwenden fortschrittliche Genom-Editierung, um ihre Rolle in AML zu untersuchen. Unsere Gruppe interessiert sich besonders für die Profilierung des Epigenoms und unterstützt oft andere Forscher am St. Anna CCRI bei der Einrichtung von Assays für ihre Experimente. Da unsere Gruppe Zugang zu Mausmodellen und entsprechende Expertise hat, arbeiten wir mit der Tomazou-Gruppe an der Entwicklung neuer Modelle für das Ewing-Sarkom in vivo.

Science Communication Team: Was schätzen Sie an der Zusammenarbeit mit den anderen Gruppen?

Davide Seruggia: Zusammenarbeit vervielfacht den Forschungsertrag. Wissenschaftliche Fragen können schneller und präziser beantwortet werden, wenn man sowohl auf das eigene Fachwissen als auch auf das der Kollegen im Haus zählen kann. Zudem zwingt uns die Zusammenarbeit, unsere Wissenschaft noch rigoroser zu betreiben.

Science Communication Team: Welchen Rat würden Sie jungen Forschenden geben, die gerade beginnen, ein Netzwerk aufzubauen?

Davide Seruggia: Was die Zusammenarbeit fördert, ist Neugier, Großzügigkeit und Kommunikation. Um die Zusammenarbeit anzustoßen, sollte man zunächst einem Kollegen Hilfe anbieten, der von einer Idee oder einer Technologie profitieren könnte, die man beherrscht. Beim nächsten Mal kommt die Hilfe vielleicht spontan zu Ihnen zurück.

Science Communication Team: Wie bewerten Sie die Bedeutung der internationalen Kooperation für den Erfolg Ihrer Forschungsgruppe?

Davide Seruggia: Internationale Kooperationen sind von großer Bedeutung. Meine Gruppe ist an einem großen Konsortium beteiligt, das sich auf Genregulation konzentriert, dem NIH IGVF. Dadurch sind wir der neuesten Wissenschaft und Technologie in diesem Bereich weltweit ausgesetzt. Manchmal müssen wir unsere Zeitpläne anpassen und uns den Zeitunterschieden angleichen, aber es lohnt sich absolut. Im Kontext der pädiatrischen Leukämie und bestimmter Subtypen, an denen wir interessiert sind, ist internationale Zusammenarbeit der Schlüssel, um Zugang zu Informationen zu erhalten und unsere Kohorten und Stichprobengrößen zu erweitern.

Forschungsaktivitäten aus der Seruggia Gruppe 2024