Natürliche Killerzellen gegen Neuroblastom im Fokus

Eine kürzlich veröffentlichte Übersichtsarbeit im Cancer and Metastasis Reviews beleuchtet die vielversprechenden therapeutischen Ansätze, die natürliche Killerzellen (NK-Zellen) zur Bekämpfung von Neuroblastom, einem aggressiven kindlichen Tumor des sympathischen Nervensystems. Forschende der St. Anna Kinderkrebsforschung und der Medizinischen Universität Wien verdeutlichen darin, dass diese Zellen eine zentrale Rolle im Tumormikromilieu spielen und ein erhebliches Potenzial für innovative Behandlungsstrategien besitzen.

Natürliche Killerzellen (NK) sind wichtige Komponenten des angeborenen Immunsystems und haben die Fähigkeit, gestresste oder transformierte Zellen ohne vorherige Sensibilisierung zu erkennen und eliminieren. Anders als bei T-Zell-basierten Therapien ist bei NK-Zellen kein personalisierter Ansatz erforderlich, da sie keine T-Zell-Rezeptoren besitzen. Dies macht sie besonders geeignet für allogene Transferverfahren . „NK-Zellen bergen das Potenzial für sogenannte ‚off-the-shelf‘-Immuntherapien, die schneller und kostengünstiger verfügbar gemacht werden können“, erklärt Taschner-Mandl.

Herausforderungen in der Behandlung des Neuroblastoms

Das Neuroblastom gehört zu den tödlichsten soliden Tumoren bei Kindern, insbesondere in der Hochrisikogruppe, die eine Sterblichkeitsrate von über 50 % aufweist. Während Immuntherapien mit NK-Zellen in der Behandlung von Blutkrebs erfolgreich sind, stoßen sie bei soliden Tumoren wie dem Neuroblastom auf erhebliche Herausforderungen. Dies liegt vor allem an der Tumorumgebung, die immunmodulatorische Funktionen übernimmt und eine effektive Immunantwort erschwert.

Das Tumormikromilieu (TME) beim Neuroblastom ist nur schwach immunogen und zeichnet sich durch eine geringe Infiltration von T- und NK-Zellen aus. Diese geringe Immunogenität ist unter anderem mit einer geringen Mutationslast der Tumorzellen assoziiert. „Neuroblastome mit niedrigem Risikoprofil zeigen eine verstärkte Infiltration von T- und NK-Zellen, was mitmit besseren klinischen Ergebnissen korreliet“, erklärt Rados. Bei Hochrisiko-Neuroblastomen hingegen tragen Immuncheckpoint-Moleküle, Stroma- und myeloische Zellen zur Immununterdrückung bei.

Neue therapeutische Ansätze und Fortschritte

Trotz der beschriebenen Hürden gibt es vielversprechende Fortschritte. Eine der führenden immuntherapeutischen Strategien bei Neuroblastomen setzt auf Antikörper gegen das tumorassoziierte Disialogangliosid GD2. NK-Zellen können die Fc-Fragmente dieser Antikörper erkennen und durch antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC) die Tumorzellen angreifen. So werden die Krebszellen gezielt angegriffen und zerstört. Klinische Studien mit dem Anti-GD2-Antikörper Dinutuximab haben signifikante Verbesserungen in den Überlebensraten von Neuroblastom-Patienten gezeigt und sind mittlerweile Standardbehandlung.

Ein weiterer Fortschritt ist die Entwicklung genetisch veränderter NK-Zellen, die mit chimären Antigenrezeptoren (CAR) ausgestattet sind. Diese CAR-NK-Zellen können die tumorspezifischen Rezeptoren besser erkennen und gezielt angreifen. „CAR-NK-Zellen haben das Potenzial, sicherer und wirksamer als CAR-T-Zellen zu sein, da sie kürzer im Körper verbleiben und weniger Nebenwirkungen hervorrufen“, so die Forscher*innen.

Ein Hauptproblem bleibt jedoch die begrenzte Immunüberwachung durch NK-Zellen. Tumorzellen entwickeln Mechanismen, um der Immunabwehr zu entgehen, zum Beispiel durch die Herabregulierung von MHC-Klasse-I-Molekülen, die normalerweise von NK-Zellen erkannt werden. Forscher*innen suchen daher nach Wegen, um die Funktion der NK-Zellen in der Tumorumgebung zu stärken und deren Unterdrückung zu überwinden.

Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist die Kombination von NK-Zell-Therapien mit bestehenden Behandlungen wie Chemotherapie oder anderen immunmodulatorischen Wirkstoffen, um die Langzeitwirksamkeit zu verbessern. Erste präklinische Studien haben gezeigt, dass die Verabreichung von NK-Zellen in Kombination mit Anti-GD2-Antikörpern die Überlebensrate bei Hochrisiko-Neuroblastomen signifikant verbessern kann.

Fazit

Die Rolle von NK-Zellen in der Tumorabwehr ist äußerst komplex und ihre therapeutische Anwendung bei soliden Tumoren wie dem Neuroblastom steckt noch in den Anfängen. Doch die Fortschritte in der Forschung eröffnen neue Möglichkeiten, um das therapeutische Potenzial dieser Zellen zu erschließen und zukünftig besser in der klinischen Praxis zu nutzen. „Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, um zu sehen, wie sich NK-Zell-basierte Therapien in der klinischen Praxis entwickeln“, betont Taschner-Mandl.

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