ERC Consolidator Grant für Eleni Tomazou von der St. Anna Kinderkrebsforschung

(c) Harald Eisenberger

(Wien, 31.1.2023) Dr. Eleni Tomazou, Principal Investigator an der St. Anna Kinderkrebsforschung, erhält einen der heiß begehrten Consolidator Grants des Europäischen Forschungsrates (ERC). In dem mit 2 Mio. Euro geförderten Projekt geht es um nichts weniger als die Nachbildung eines kindlichen Knochentumors im Labor. Das wurde bereits vielfach angestrebt, da es ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Heilung dieser aggressiven Krankheit wäre. Bis heute jedoch ohne Erfolg. Wir haben Tomazou gefragt, warum es dieses Mal klappen sollte.

Bei bestimmten kindlichen Knochen- und Weichteiltumoren, sogenannten Ewing-Sarkomen, sind die Überlebensraten niedrig und die Behandlungsprotokolle haben sich seit Jahrzehnten nicht verbessert. „Eines der Hindernisse auf dem Weg zu neuen Therapien ist, dass wir die Erkrankung nicht verstehen“, erklärt Tomazou. Nach der Devise „build it, to understand it“ will sie den Tumor daher nachbauen, um ihn zu verstehen und – noch viel wichtiger – um ihn für Medikamententests zugänglich zu machen. „Denn selbst, wenn wir eine Idee für eine neue Therapie haben, fehlen uns zuverlässige Modelle, an denen wir sie testen können“, so die Forscherin. „Zelllinien sind für diesen Tumor nicht repräsentativ genug. Von Patient:innen abgeleitete Fremdtransplantationsmodelle und Organoide sind derzeit in aller Munde, aber auch hier verlieren wir viel Information darüber, wie sich der Tumor entwickelt.“

Rezept zum Nachbau des Tumors
Um zuverlässige Modelle des Ewing-Sarkoms zu entwickeln, nimmt Tomazou ihre Hypothese über die Tumorentwicklung als Rezept zu Hilfe: Im Gegensatz zu Krebserkrankungen bei Erwachsenen, die sich im Laufe der Zeit entwickeln, scheinen kindliche Tumore die körpereigene Tumorabwehr in einem einzigen Schritt mittels Umlagerung von genetischer Information zu überwinden. „Das Ewing-Sarkom dürfte dann entstehen, wenn ein bestimmtes fehlerhaftes Protein in Zellen gebildet wird, die aufgrund ihrer Epigenetik dafür empfänglich sind. Ebenso entscheidend ist die passende Mikroumgebung“, erklärt Tomazou.

Um diesen Prozess zu simulieren, gewinnt die Wissenschafterin aus menschlichen pluripotenten Stammzellen viele Zellen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. In diesen regt sie dann die Bildung des für das Ewing-Sarkom typischen fehlerhaften Proteins an (genannt EWS-FLI1-Fusionsprotein). „So entstehen zahlreiche potenzielle Tumorzellen als Grundlage für unser Modell, bei dem wir uns auf drei Blöcke konzentrieren: den Aufbau der Tumorzellen, ihre Mikroumgebung und wie sie sich im Organismus verhalten.“

„Anders als im Versuch-und-Irrtum-Ansatz, der in der Vergangenheit oft für die Erstellung von Tumormodellen herangezogen wurde, ermöglichen uns modernste Technologien wie Stammzell-Engineering oder CRISPR-Screening, diese Modelle auf systematische und biologisch interpretierbare Weise zu entwickeln“, sagt Tomazou. „Wir verfolgen einen unvoreingenommenen, umfassenden Ansatz und versuchen, so viele Zelltypen wie möglich herzustellen, um dann zu sehen, ob wir Modelle mit Ewing-Sarkom-Charakteristika erhalten.“

Hohes Risiko, hoher Gewinn
Einen ERC-Grant zu bekommen ist der Traum vieler Forscher:innen. „Diese Forschungsförderung bietet alle notwendigen Ressourcen, um einen ehrgeizigen und hoch innovativen Forschungsplan durchzuführen. Wenn der Plan aufgeht, wird das der Suche nach neuen Therapien für diese schwerwiegende Erkrankung wirklich neuen Schwung geben“, betont Tomazou. Ihre wissenschaftliche Idee hat sich in einem wettbewerbsintensiven Auswahlverfahren durchgesetzt, bei dem Exzellenz das einzige Kriterium war – sowohl für die Beurteilung des Forschungsprojekts als auch für die der Projektleitung.
„Wir sind sehr stolz darauf, dass Eleni Tomazou aus 2.222 Bewerber:innen für einen ERC Consolidator Grant ausgewählt wurde“, sagt Univ.-Prof. Dr. Kaan Boztug, Wissenschaftlicher Direktor der St. Anna Kinderkrebsforschung und selbst zweifacher ERC-Grant-Empfänger. „Eleni Tomazou hat ihre Forschung an unserem Institut seit 2012 vorangetrieben – und dieser Grant zeigt, dass sich ihre harte Arbeit ausgezahlt hat.“ „Ich bin immer noch überwältigt von dieser Auszeichnung“, sagt Tomazou und ermutigt andere, ihren Träumen zu folgen, so wie sie selbst es getan hat. „Wenn man eine großartige Idee hat, sollte man an ihr festhalten und versuchen, sie zu verwirklichen.“

Mehr zu Eleni Tomazou’s Forschung:
Epigenom-basierte Präzisionsmedizin – St. Anna Kinderkrebsforschung

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