Ein Gen im Fokus: Helfen β-Catenin blockierende Medikamente beim Wilms-Tumor?

Eine Forschungsförderung des FWFs ermöglicht den Start eines neuen Projektes, das einem krebsfördernden Gen auf die Sprünge geht. Die Leiterin des Projektes, Maud Plaschka möchte dafür 3D Modelle aus echtem Tumorgewebe von Patient:innen erstellen, um zu erforschen, welche Auswirkungen dieses Gen auf einen bestimmten Nierentumor hat. 

Alles auf einen Blick:

  • Maud untersucht das Onkogen β-Catenin im Wilms-Tumor, um neue Behandlungsansätze zu ermöglichen.
  • β-Catenin spielt eine zentrale Rolle in der Krebsentstehung.
  • Bei Erwachsenen ist β-Catenin gut untersucht, bei Kindern und Jugendlichen nicht.
  • Fehlerhaftes β-Catenin kann zu Störungen der Nierenentwicklung führen, daher ist der Wilms-Tumor gut für das Forschungsvorhaben geeignet.
  • Ein besseres Verständnis von β-Catenin könnte dazu führen, Rückfälle beim Wilms-Tumor vorherzusehen.

Krebs entsteht bei Erwachsenen aufgrund zahlreicher genetischer Veränderungen, die sich im Laufe des Lebens ansammeln. Bei Kindern hingegen liegt die Krebsentstehung häufig an einem einzigen krebsfördernden Gen (Onkogen) das gleich für mehrere Krebsmerkmale gleichzeitig verantwortlich ist.

Ein Onkogen im Visier 

Eines dieser krebsfördernden Gene ist β-Catenin. In Erwachsenen ist dieses Onkogen bereits gut untersucht und wurde mit verschiedenen Funktionen in Verbindung gebracht, einschließlich Therapieresistenz und Immunflucht. Bei Kindern und Jugendlichen herrscht jedoch eine Wissenslücke. Bekannt ist allerdings, dass β-Catenin zentral in der Entstehung des Wilms-Tumors ist – einem Nierentumor, der vor allem Kinder im Alter von 3-4 Jahren betrifft.

β-Catenin Modelle simulieren Erkrankung

Maud Plaschka, Postdoktorandin in Florian Halbritters Gruppe, möchte dazu beitragen, um genau diese Wissenslücke zu schließen. Mittels modernster Techniken aus der Bildgebung und der Computerbiologie möchte sie neue Informationen aus Gewebeproben von Patient:innen – bereitgestellt von mehreren Zentren, darunter das St. Anna Kinderspital, die Medizinische Universität Wien sowie das Institut für pädiatrische Hämatologie und Onkologie (IHOPE, Lyon, FR) und Hospices Civils (HCL, Lyon, FR) – gewinnen, um tiefer in die Funktionsweise von β-Catenin einzutauchen. Zusätzlich möchte sie mit Hilfe von 3D-Modellen, die die Erkrankung nachahmen, experimentieren, um noch mehr über β-Catenin herauszufinden. Dafür wird sie eng mit dem Prinses Maxima Center, dem Cancer Research Center of Lyon und der Medizinischen Universität Wien zusammenarbeiten. Intern bekommt sie Unterstützung durch die Expertise von Heinrich Kovar und Sabine Taschner-Mandl.

Maud Plaschka untersucht das Onkogen β-Catenin im Wilms-Tumor, um neue Behandlungsansätze zu ermöglichen ©St. Anna Kinderkrebsforschung
Maud Plaschka untersucht das Onkogen β-Catenin im Wilms-Tumor, um neue Behandlungsansätze zu ermöglichen ©St. Anna Kinderkrebsforschung

Auszeichnung für Exzellenz und Innovation

Der österreichische Wissenschaftsfond FWF erkannte im Rahmen der „ESPRIT“ Ausschreibung die Exzellenz und Innovativität des Projekts an und wählte es für seine Förderung aus, wodurch die wesentlichen finanziellen Anforderungen gedeckt wurden. Die Forscherin drückt ihre Wertschätzung für die Unterstützung aus: „Dank der Unterstützung vom FWF kann ich nun mein Forschungsprojekt für die nächsten drei Jahre durchführen. Unsere vorläufigen Daten und die Analyse von acht Wilms-Tumor-Proben unter Verwendung modernster Technologien haben den Wissenschaftsfonds FWF davon überzeugt, dass wir über die nötige Infrastruktur und Expertise verfügen, um unsere Forschung durchzuführen“, erklärt die Maud Plaschka. 

Jedoch bleibt die Notwendigkeit weiterführender Spendengelder unerlässlich: „Zusätzliche Unterstützung von Spenderinnen und Spendern würde es uns ermöglichen, unsere Forschung durch die Einbeziehung einer größeren Anzahl von Patientenproben weiter auszubauen, die Aussagekraft unserer Analysen zu erhöhen und den Fortschritt zu beschleunigen, was letztendlich Kindern mit Wilms-Tumoren zugute kommt.“

Schlüssel zur Wilms-Tumor-Behandlung?

Das Ziel ist, herauszufinden, ob Medikamente, die β-Catenin blockieren, eine gute Behandlungsmöglichkeit für Wilms-Tumoren sein könnten. Bisher gibt es dafür noch nicht genug Beweise. Durch dieses Projekt hofft die Forscherin, wichtige Erkenntnisse zu gewinnen, die helfen könnten, neue Behandlungen für Kinder mit dieser Krebsart zu entwickeln. 

Fünf wichtige Fragen, um das Projekt zu verstehen.

Was ist Beta Catenin?

β-Catenin ist ein Protein in unseren Zellen, das mehrere wichtige Aufgaben hat. Eine davon ist, bei der Übermittlung von Signalen innerhalb der Zelle zu helfen, insbesondere in einem Prozess namens WNT-Signalweg, der für das Zellwachstum und die Entwicklung entscheidend ist. Man kann sich β-Catenin als eine Art Bote vorstellen, der hilft, Informationen im Inneren der Zelle weiterzuleiten, damit die Zelle weiß, wann sie wachsen und teilen soll.

Was passiert, wenn das Gen mutiert?

Wenn das Gen CTNNB1, das für β-Catenin kodiert, mutiert ist, kann es passieren, dass β-Catenin nicht mehr richtig funktioniert. Anstatt präzise Anweisungen zu geben, kann es falsche oder übermäßig viele Signale senden. Dies könnte dazu führen, dass Zellen unkontrolliert wachsen und sich teilen, was ein grundlegendes Merkmal von Krebs ist. Anstatt der Zelle bei ihrer normalen Funktion zu helfen, trägt β-Catenin bei einer Mutation dazu bei, dass die Zelle sich abnormal verhält, was zu Tumoren oder Krebs führen kann.

Was ist bereits über den Wilms Tumor bekannt?

Wilms Tumore sind eine Art von Nierenkrebs, der am häufigsten bei Kindern zwischen 3 und 4 Jahren auftritt. Er ist die häufigste Form von Nierenkrebs bei Kindern. Der Tumor entsteht aus Nierengewebe, das sich nicht normal entwickelt hat, was oft schon vor der Geburt beginnt. Die genauen Ursachen für die Entstehung eines Wilms-Tumors sind nicht vollständig verstanden, es ist aber bekannt, dass ein Drittel der Wilms-Tumoren aufgrund genetischer Veränderungen eine abnorme WNT-Signalgebung aufweist. Diese Signalwegstörungen sind auch bei Fällen ohne die typischen genetischen Veränderungen zu beobachten, was darauf hindeutet, dass eine noch größere Anzahl von WT-Fällen beeinflusst sein könnte. 

Wie hängen Wilms Tumor und β-Catenin zusammen?

β-Catenin ist am WNT-Signalweg beteiligt. Dieser Signalweg spielt eine Schlüsselrolle bei der Nierenentwicklung und Tumorentstehung. Entsprechend kann eine Fehlfunktion des Onkogens die Nierenentwicklung stören. Deshalb ist der Wilms Tumor ein relevantes System, um die Effekte von Störungen in diesem Pfad zu untersuchen.

Wie hilft diese Forschung Patient:innen, die am Wilms Tumor erkrankt sind?

Das Verständnis von β-Catenin in Wilms Tumor hat direkte klinische Implikationen. Es kann helfen, die Aggressivität des Tumors besser zu verstehen, Rückfälle vorherzusagen und die Behandlungsstrategien entsprechend anzupassen. Insbesondere könnte die Forschung zu β-Catenin bei der Entwicklung von Therapien helfen, die auf die spezifischen Wege abzielen, die in Wilms Tumor mit hohem Risiko aktiv sind.