Die St. Anna Kinderkrebsforschung begrüßt George Cresswell als neuen PI

(Wien, 01.08.2023) Der britische Bioinformatiker George Cresswell beschäftigt sich seit seiner Studienzeit mit unterschiedlichen Formen von Kinderkrebs, vor allem mit dem Nephroblastom. Als Principal Investigator an der St. Anna Kinderkrebsforschung wird er sich evolutionsbiologischen Grundlagen von Krebszellen widmen und so versuchen, deren Entstehung besser zu verstehen und vielleicht sogar vorhersagen zu können.

Zumindest seit die Genom-Sequenzierung in den Alltag der biologischen Wissenschaften eingekehrt ist und die medizinische Forschung revolutioniert hat, sind auch Bioinformatiker:innen nicht mehr aus den Forschungsinstituten wegzudenken. Expert:innen im Lesen biologischer Daten sind heutzutage besonders gefragt – auch in der St. Anna Kinderkrebsforschung, Nun hat das Institut einen jungen, aufstrebenden Bioinformatiker nach Wien geholt, der als Principal Investigator eine eigene Gruppe aufbaut: George Cresswell. Der in Crewe, einer Stadt in der Grafschaft Cheshire im Nordwesten Englands aufgewachsene Wissenschafter hat Biochemie an der University of Manchester studiert.   

Inmitten eines ersten Booms von Anwendungen der Genom-Sequenzierungen lernte Cresswell recht schnell, wie diese Technologie funktioniert. Das Sammeln von genetischen Daten galt schon damals als großer Fortschritt, um für die Zellentwicklung wichtige Vorgänge zu verstehen und damit einen erstaunlichen Einblick in die DNA der Zelle und deren Zusammensetzung zu ermöglichen. Im Zuge eines Austauschprogramms verschlug es ihn erstmals 2011 für 13 Monate nach Wien – und zwar an den Wiener Sitz des deutschen Pharmaunternehmens Boehringer-Ingelheim. „Ich habe damals sehr viel gelernt.“ Ein Biomathematiker erklärte ihm, dass er mit Bioinformatik genau die Technik erlernen würde, mit der er die gewonnenen Daten bestmöglich interpretieren könnte. Damit war der nächste Schritt in der Ausbildung schon fixiert: Cresswell schloss das Studium der Biochemie in Manchester ab und zog weiter an das Francis-Crick-Institute in London, um seinen PhD zu absolvieren.

Schwerpunkt auf Nierenkrebs-Forschung

Schon damals fokussierte sich der Wissenschafter auf die Krebsforschung, genauer gesagt auf die Forschung am Nieren-Tumor (Nephroblastom) bei Kindern. Es ist die dritthäufigste Tumorerkrankung bei Kindern, und die 5-Jahre-Überlebensschancen haben sich dramatisch verbessert: Von den Kindern im Alter von eins bis fünf Jahren überleben heute bis zu 90 Prozent, verglichen mit etwa 50 Prozent in den 1960er-Jahren. Cresswell interessiert vor allem die Evolutionsbiologie der Tumorzellen und erforscht dabei, welche Faktoren eine tragende Rolle einnehmen, wie es zu Metastasen kommt und was zu Rückfällen führt. Seine Expertise für die Suche von Einzelnukleotid-Variationen, einer anderen Art für Mutationen, ist genauso geschätzt wie sein Verständnis chromosomaler Instabilität in den durch Whole Genome Sequencing (vollständige Genom-Squenzierung) gewonnenen Daten.

Im Jahr 2017 wechselte er schließlich an das Institute of Cancer Research, ebenfalls in London, zum Evolutionary Genomics and Modelling Lab von Andrea Sottoriva. Dieser ist ein internationaler Star im Feld Computational Biology Research. Mit Sattoriva als Letztautor publizierte Cresswell 2020 ein Paper im Fachjournal Nature Communications, das sich mit der Entwicklung von Brustkrebsmetastasen beschäftigte. Dazu muss man wissen: Tumorzellen setzen DNA-Abschnitte frei, die in das Blut abgegeben werden. In dieser Arbeit von Creswell ging es darum, die klinischen Tests dieser zirkulierenden Tumor-DNA beim Brustkrebs zu optimieren. Die Ergebnisse ermöglichen eine gezieltere Anwendung von Biopsien und damit eine bessere Überwachung der Krebsentwicklung und Metastasierungen.

Heute sieht Georg Cresswell es “als das wahrscheinlich wichtigste Paper“ seiner bisherigen Laufbahn. Derzeit baut er seine eigene Gruppe auf, um die Forschungen in Wien weiterzuführen. Eine Stadt, die ihm nicht nur wegen der St Anna Kinderkrebsforschung angezogen hat, sondern auch wegen einer privaten Verbindung.

Sein großes Ziel? Natürlich teilt er den Traum des Instituts, kein Kind solle mehr an Krebs sterben. Das sei gar nicht so unrealistisch, wie es vielleicht klingt. Und wieder verweist Cresswell auf die stark verbesserten Überlebensraten. Er werde jedenfalls seinen Teil dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.

Über die St. Anna Kinderkrebsforschung

Die St. Anna Kinderkrebsforschung (St. Anna Children’s Cancer Research Institute, CCRI) ist eine internationale und interdisziplinäre Forschungseinrichtung, die das Ziel verfolgt, durch innovative Forschung diagnostische, prognostische und therapeutische Strategien für die Behandlung von an Krebs erkrankten Kindern und Jugendlichen weiterzuentwickeln und zu verbessern. Unter Einbeziehung der spezifischen Besonderheiten kindlicher Tumorerkrankungen arbeiten engagierte Forschungsgruppen auf den Gebieten Tumorgenomik und -epigenomik, Immunologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Bioinformatik und klinische Forschung gemeinsam daran, neueste wissenschaftlich-experimentelle Erkenntnisse mit den klinischen Bedürfnissen der Ärzt:innen in Einklang zu bringen und das Wohlergehen der jungen Patient:innen nachhaltig zu verbessern.

Über George Cresswell

Nach seinem Studium der Biochemie an der Universität Manchester (UK) nahm George Cresswell 2013 ein CRUK-Promotionsstipendium am London Research Institute an. Während dieser Zeit untersuchte er die klonale Evolution von pädiatrischen Nierentumoren. Nach seinem Abschluss im Jahr 2017, nachdem das Institut in das Francis Crick Institute übergegangen war, wechselte er als Postdoctoral Training Fellow in das Labor von Prof. Andrea Sottoriva am Institute of Cancer Research (ICR, London, UK). Hier untersuchte er weiterhin die Krebsevolution mithilfe von Computeranalysen, konzentrierte sich aber auf häufige Krebsarten bei Erwachsenen wie Brust-, Darm- und Prostatakrebs. Im Jahr 2022 wechselte er in das Labor von Prof. Trevor Graham, der kürzlich zum ICR gekommen war, um Chromosomenveränderungen bei entzündlichen Darmerkrankungen zu untersuchen. Im Juni 2023 trat er dem CCRI als Principal Investigator bei. Bei der Erforschung verschiedener Krebsarten, sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern, hat sich George auf die evolutionäre Dynamik von Krebs unter Verwendung von Genomik und Computeranalyse konzentriert. Insbesondere hat er sich auf die Rolle von Chromosomenveränderungen in der Krebsevolution spezialisiert.

In einem exklusiven Interview sprach er mit uns über seinen Forschungsweg und seine Ambitionen am St. Anna CCRI.

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