Wie bildet der Körper Blut?

Das lernst du hier:
Wie bildet der Körper Blut?
Wie weiß der Körper, dass er Blut produzieren muss?
Wie wird eine Stammzelle zur Blutzelle?

In einem gesunden Körper ist die Produktion von Blut – also roten Blutkörperchen, weißen Blutkörperchen und Blutplättchen – ein streng regulierter Prozess. Dieser Vorgang, auch Hämatopoese genannt, findet größtenteils im Knochenmark statt. Das Knochenmark ist ein weiches, schwammiges Gewebe im Inneren der Knochen, besonders in großen Knochen wie Becken, Oberschenkelknochen oder Rippen. Dort kommen die sogenannten hämatopoetischen Stammzellen vor – sie sind der Ursprung aller Blutzellen und haben die Fähigkeit, sich in verschiedene Zelltypen zu entwickeln: Sie teilen sich und bilden spezialisierte Vorläuferzellen, die auf bestimmte Aufgaben vorbereitet werden. Es gibt zwei Hauptlinien:

  • Myeloische Vorläuferzellen: Diese entwickeln sich zu roten Blutkörperchen, Blutplättchen und bestimmten weißen Blutkörperchen wie Granulozyten und Monozyten.
  • Lymphatische Vorläuferzellen: Aus ihnen entstehen Lymphozyten, eine spezielle Art von weißen Blutkörperchen, die wichtig für die Immunabwehr sind.

Wie weiß der Körper, dass er Blut produzieren muss?

Die Produktion von Blutzellen ist ein fein abgestimmtes System, das ständig überwacht wird. So wie eine Fabrik Sensoren nutzt, um zu messen, wie viel sie schon produziert hat, nutzt auch der Körper spezielle „Messinstrumente“, wie Rezeptoren und Hormone, um zu erkennen, wie viele Blutzellen benötigt werden.

Ein Beispiel ist das Hormon Erythropoetin (EPO). Wenn der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt – etwa bei körperlicher Anstrengung oder Blutverlust – registrieren spezielle Zellen in den Nieren diesen Mangel. Sie produzieren mehr EPO, das wiederum die Bildung roter Blutkörperchen im Knochenmark anregt. Sobald der Sauerstoffgehalt wieder ausreichend ist, sinkt die Produktion von EPO, und die Blutbildung wird automatisch gedrosselt.

So überwacht der Körper ständig, wie viele Blutzellen benötigt werden, und passt die Produktion an. Steigt der Bedarf, etwa bei Infektionen oder Wunden, reagiert die „Blutfabrik“ sofort, indem sie die Produktion hochfährt. Sinkt der Bedarf wieder, drosselt sie ihn, um Ressourcen zu sparen.

Wie wird eine Stammzelle zur Blutzelle?

Der Start: Vorläuferzellen entstehen

Die Blutbildung ist ein Prozess aus mehreren Scheidewegen, in denen sich die Zelle „entscheiden“ muss, welche Spezialisierung sie nachgeht.

  • Die Blutbildung beginnt mit den hämatopoetischen Stammzellen. Hämatopoetische Stammzellen sind eine spezialisierte Untergruppe der Stammzellen, die sich nur mehr in Blutzellen weiterentwickeln können. Das ist so ähnlich wie eine Medizinstudentin sich auf Medizin festlegt und ein Germanistikstudent auf Deutsch. Ihre tatsächlichen Berufe sind dabei aber noch ziemlich offen.
  • Die hämatopoetische Stammzellen entwickeln sich zu myeloische oder lymphatische Vorläuferzellen. Das kann man mit einer ähnlichen Spezialisierung gleichsetzen, vor der auch die Medizinstudentin steht, wenn sie überlegt ob sie Allgemeinmedizinerin werden möchte, oder doch lieber Neurologin. Myeloische Vorläuferzellen können sich nämlich zu Zellen wie roten Blutkörperchen weiterentwickeln, während lymphatische Vorläuferzellen zu Zellen wie T- oder B-Lymphozyten werden.

Die Differenzierung: Spezifische Aufgaben „erlernen“

Während des Reifungsprozesses durchlaufen die Vorläuferzellen eine Differenzierung, bei der sie ihre endgültige Funktion erlernen – so wie die Medizinstudentin in ihrem letzten Jahr der Ausbildung. Dieser Prozess wird durch die Aktivierung bestimmter Gene gesteuert, die auf der DNA in den Vorläuferzellen als „Bibliothek“ vorhanden ist. Doch für ihre Differenzierung liest die Vorläuferzelle nun jene Bücher, die sie für ihre künftige Aufgabe benötigt:

  • Rote Blutkörperchen lesen das „Hämoglobin-Handbuch“ und lernen, Sauerstoff zu transportieren.
  • Weiße Blutkörperchen greifen zu den „Immunabwehr-Anleitungen“ und lernen, Krankheitserreger zu bekämpfen.
  • Blutplättchen spezialisieren sich auf die „Gerinnungsprozesse“, um bei Wunden zu helfen.

Alle anderen „Bücher“ bleiben im Regal und werden nicht genutzt – sie sind für diese Zelle irrelevant.

Prägung und Reifung

Nach der Differenzierung durchlaufen die Zellen eine Prägung und Reifung, um ihre Funktion weiter zu verfeinern, ähnlich der Medizinstudentin im Turnus. Hier wieder drei Beispiele:

  • Rote Blutkörperchen verlieren ihren Zellkern, um Platz für Hämoglobin zu schaffen.
  • T-Lymphozyten reifen im Thymus weiter, wo sie lernen, zwischen körpereigenen und fremden Zellen zu unterscheiden.
  • Granulozyten entwickeln Enzyme, um Krankheitserreger abzubauen.

Präzision durch Signale

Der gesamte Prozess wird durch externe Signale gesteuert, die der Körper sendet. Hormone wie EPO und Wachstumsfaktoren wie der Granulozyten-Kolonie-stimulierende Faktor (G-CSF) wirken wie Anweisungen, die die Differenzierung und Reifung vorantreiben.