Ein Licht gegen Krebs

Ein Team von Wissenschafter:innen der St. Anna Kinderkrebsforschung in Wien hat eine Methode entwickelt, um Krebszellen präzise und ohne Schädigung gesunder Gewebe zu eliminieren. Mithilfe einer lichtaktivierbaren Substanz namens SBTubA4P ist es erstmals gelungen, Tumorzellen im Tiermodell gezielt zu zerstören. Diese vielversprechende Entdeckung könnte künftig eine schonendere Alternative zur Chemotherapie darstellen.

Die herkömmliche Chemotherapie setzt auf hochwirksame Wirkstoffe, die Krebszellen abtöten. Doch diese Medikamente greifen auch gesunde Zellen an, was zu schweren Nebenwirkungen führen kann. Daher suchen Forscher:innen nach Alternativen, die gezielt nur Tumorzellen angreifen. Eine neue Hoffnung bietet die sogenannte Photopharmakologie, bei der Medikamente erst durch gezielte Lichtbestrahlung aktiviert werden.

SBTubA4P: Ein molekularer Schalter

Studienerstautor Adam Varady hat sich mit einem Forschungsteam an der St. Anna Kinderkrebsforschung auf das Molekül SBTubA4P konzentriert, eine chemische Verbindung, die im inaktiven Zustand harmlos bleibt. Erst durch Bestrahlung mit ultraviolettem (UV) Licht wird das Medikament aktiviert und entfaltet seine krebsbekämpfende Wirkung. Der Clou: Die Aktivierung kann exakt auf den Tumor fokussiert werden, sodass gesundes Gewebe unversehrt bleibt.

Modell für menschlichen Krebs

Um die Wirksamkeit dieser Methode zu testen, verwendeten die Forschenden ein spezielles Zebrafisch-Modell. Die Larven dieser Fische sind durchsichtig, sodass Krebszellen direkt beobachtet werden können. Die Wissenschafter:innen implantierten menschliche Knochenkrebszellen (Osteosarkom und Ewing-Sarkom) in die Fische und behandelten sie mit SBTubA4P. Anschließend wurde der Tumor gezielt mit UV-Licht bestrahlt.

Die Ergebnisse waren beeindruckend: Die Krebszellen starben ab, während das umliegende Gewebe intakt blieb. In einigen Fällen verschwanden die Tumore vollständig, ohne dass systemische Nebenwirkungen auftraten.

Reaktive Sauerstoffspezies als zusätzliche Waffe

Die Forschenden entdeckten zudem einen weiteren Mechanismus, der die Wirksamkeit von SBTubA4P verstärkt. Unter UV-Bestrahlung bildet das Molekül sogenannte reaktive Sauerstoffspezies (ROS). Diese aggressiven Moleküle schädigen die Zellstrukturen der Tumorzellen und beschleunigen deren Absterben. 

Mögliche Anwendung in der Medizin

Obwohl die im Fachjournal Disease Models & Mechanisms publizierte Methode bisher nur in Zebrafischen getestet wurde, könnte sie in Zukunft auf den Menschen übertragen werden. Eine Herausforderung bleibt jedoch die Lichtzufuhr: UV-Licht dringt nur wenige Millimeter tief in das Gewebe ein. Mögliche Lösungen könnten optische Fasern sein, die das Licht direkt in den Tumor leiten, oder neuartige Materialien, die energiereiches Licht gezielt an den Wirkstoff weiterleiten.

„Unsere Studie zeigt, dass SBTubA4P ein vielversprechender Kandidat für die präzise Krebstherapie ist“, erklärt Studienleiter Martin Distel. „Nun gilt es, die Methode weiterzuentwickeln, um sie für klinische Anwendungen nutzbar zu machen.“

Fazit: Ein neuer Ansatz für die Krebstherapie

Die lichtgesteuerte Chemotherapie mit SBTubA4P könnte in Zukunft eine gezieltere und nebenwirkungsärmere Behandlungsoption für Krebspatient:innen bieten. Die Forschung steht noch am Anfang, doch die Ergebnisse liefern einen vielversprechenden Ausblick auf eine neue Generation präziser Krebstherapien.