Ein Subtyp der Akuten Lymphatischen Leukämie (ALL) als Verwandlungskünstler

(Wien, 05.04.2024) Die Akute Lymphatische Leukämie (ALL) ist zwar gut heilbar. Für neue Behandlungsmethoden der personalisierten Medizin müssen aber Subtypen dieser Leukämie genauer erforscht werden. Einem Team von Wissenschafter:innen der St. Anna Kinderkrebsforschung und der Universität Padua ist nun ein weiterer Schritt in dieser wichtigen Arbeit gelungen. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachmagazin Blood veröffentlicht.

Die Akute Lymphatische Leukämie (ALL), eine bösartige Erkrankung der blutbildenden Zellen, tritt vor allem im Vorschulalter auf. Sie ist mittlerweile gut heilbar, weil man mit Chemotherapie und Stammzellentransplantation die derzeit besten Chancen für ein dauerhaftes Überleben der Betroffenen zur Verfügung hat. Um die Heilungsraten aber weiter mit personalisierter Medizin zu steigern, müssen die unterschiedlichen Subtypen dieser Leukämie noch besser verstanden werden als bisher: Einem Team unter Leitung der St. Anna Kinderkrebsforschung und der Universität Padua gelang kürzlich ein wichtiger Schritt bei der Entdeckung und besseren Charakterisierung eines dieser Subtypen. Die Arbeit wurde im renommierten Fachmagazin Blood publiziert.

Es gibt zwei grundlegend zu unterscheidende Formen der Akuten Lymphatischen Leukämie (ALL): jene, die die B-Zellen des Immunsystems betreffen, und jene, die die T-Zellen betreffen. Die B-ALL tritt häufiger bei jüngeren Kindern auf, die T-ALL kommt seltener vor und dann vor allem bei älteren Kindern und Jugendlichen. Die Krux: Die mittlerweile gut heilbare B-ALL hat auch einige Untergruppen, die es erst zu bestimmen gilt, will man sie besser verstehen und die Heilungsraten noch steigern.

Das Oberflächenmolekül

Das Team hat sich mit einem Subtyp der B-ALL beschäftigt, der durch veränderte B-Lymphozyten entsteht und einen bestimmten Marker an der Zelloberfläche aufweist: Das Oberflächenmolekül CD371, das sich allerdings auch auf normalen Blutzellen findet. Dieses Oberflächenmolekül kann mit mit der so genannten Durchflusszytometrie erkannt werden, wie
Univ-.Doz. Dr. Michael N. Dworzak, Principal Investigator an der St. Anna Kinderkrebsforschung und Letztautor der Studie, erzählt.

Dass eine derartige Analyse nur in Referenzlabors möglich ist, macht seiner Ansicht nach Sinn: „So werden Analysen und Studien vereinheitlicht.“ In Österreich gibt es nur ein Referenzlabor für diese Studien – an der St. Anna Kinderkrebsforschung. „Hier kommen alle Knochenmark-Proben von Kindern und Jugendlichen mit frisch diagnostizierter Leukämie aus ganz Österreich zusammen.“ Das sind 80-100 pro Jahr.

Die Wissenschafter:innen haben erkannt, dass sich die Leukämiezellen dieser Unterform der B-ALL während der frühen Therapie  in eine andere, ausgereifte Blutzellart, sogenannte Monozyten, verwandeln, was für eine genaue Bewertung der minimalen Resterkrankung (MRD) entscheidend ist.

Wirksamkeit der Behandlung beurteilen

Durch eine präzise Messung der MRD können Ärzte die Wirksamkeit der Behandlung beurteilen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen, um sicherzustellen, dass alle krankhaften Zellen erfolgreich eliminiert werden. Obwohl diese Sonderform der B-ALL mit einem schlechteren frühen Ansprechen auf die Therapie assoziiert ist, kann durch eine MRD-basierte Therapie dennoch zumeist eine komplette Ausheilung erzielt werden.

Publikation:
Buldini B, Varotto E, Maurer-Granofszky M, Gaipa G, Schumich A, Brüggemann M, Mejstrikova E, Cazzaniga G, Hrusak O, Szczepanowski M, Scarparo P, Zimmermann M, Strehl S, Schinnerl D, Zaliova M, Karawajew L, Bourquin JP, Feuerstein T, Cario G, Alten J, Möricke A, Biffi A, Parasole R, Fagioli F, Valsecchi MG, Biondi A, Locatelli F, Attarbaschi A, Schrappe M, Conter V, Basso G, Dworzak MN. CD371+ pediatric B-cell acute lymphoblastic leukemia: propensity to lineage switch and slow early response to treatment. Blood.  2024 Jan 12:blood.2023021952. 
Doi: 10.1182/blood.2023021952