CAR-T-Zell-Immuntherapie: Dem Auto Lenken und Bremsen beibringen
Im Christian Doppler Labor für CAR-T-Zellen der nächsten Generation ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung einer verbesserten Krebstherapie gelungen. WissenschaftlerInnen der St. Anna Kinderkrebsforschung und der Universität für Bodenkultur Wien konzipierten eine Plattform mit komplett neuartigen CAR-Prototypen. Mit diesen neuen CARs kann man die Immunzellen noch gezielter gegen Tumorzellen richten und außerdem zuverlässig ein- und ausschalten. Das verringert die Gefahr, dass CAR-T-Zellen gesundes Gewebe angreifen. Eine sichere und breite Anwendung bei vielen Krebsarten rückt somit näher. Diese vielversprechenden Ergebnisse wurden im renommierten Fachjournal Nature Communications publiziert.

Bild: Dr. Benjamin Salzer und KollegInnen, Labor der St. Anna Kinderkrebsforschung
Die Krebstherapie mit Chimeric Antigen Receptor (CAR)-T-Zellen greift Tumorzellen an und wird bereits erfolgreich bei bestimmten Arten von Blutkrebs angewandt. ForscherInnen des Christian Doppler Labors für CAR-T-Zellen der nächsten Generation in Wien zeigten nun, wie diese Behandlung präziser gegen Tumorzellen und schonender für gesundes Gewebe eingesetzt werden kann. Dazu konzipierten sie eine Plattform mit neuartig konstruierten CAR-T-Zell-Prototypen, die ein- und ausschaltbar sind und Tumorzellen noch gezielter angreifen.
CARs sind künstlich hergestellte Rezeptor-Moleküle. Bestimmte weiße Blutzellen, die T-Lymphozyten, eines Patienten werden gentechnisch so verändert, dass sie diese Rezeptor-Moleküle an ihrer Oberfläche tragen. Die auf diese Weise im Labor „scharf“ gemachten Blutzellen nennt man CAR-T-Zellen. Sie werden dem Patienten injiziert und tragen nun den neuen Rezeptor (CAR) an ihrer Oberfläche. Damit erkennen und attackieren diese Immunzellen dann Tumorzellen, die die entsprechenden Andockstellen für die CAR-Rezeptoren aufweisen. Diese Andockstellen, nämlich Tumor-assoziierte Antigene, sind häufig auch auf gesunden Körperzellen vorhanden. Werden diese ebenfalls angegriffen, so kann das fatale Nebenwirkungen haben (=on-target/off-tumor-Toxizität).
Künstliche Killerzellen kontrollieren durch Ausnutzung von Avidität
Um die Therapie spezifischer gegen Krebszellen zu richten, entwickelten die Wissenschaftler Aviditäts-kontrollierte CARs (AvidCARs). Dafür verwendeten sie Antigenbindungsstellen für ihre CARs, deren Bindungsstärke (Affinität) zum Antigen deutlich verringert ist. Diese verminderte Bindungsstärke macht eine zweifache (=bivalente) Wechselwirkung notwendig, also eine Bindung des Rezeptors an zwei Antigenmoleküle, um aktiviert zu werden. Mit dieser Vorgehensweise wird die sogenannte Avidität genutzt, also die stark vervielfachte Bindungsstärke, die bei zweifacher Bindung zwischen den Bindungspartnern entsteht. Darüber hinaus wurde das CAR-Design so verbessert, dass sich bestimmte Untereinheiten der CARs kontrolliert zusammenlagern (dimerisieren) lassen. Damit wird ein gezieltes Ein- und Ausschalten der CAR-Funktion möglich.
Dieses kontrollierte Zusammenlagern gemeinsam mit der Nutzung der Avidität ermöglicht mehrere Kontrollmechanismen. Diese wurden vom Team rund um Dr. Manfred Lehner, St. Anna Kinderkrebsforschung, und Dr. Michael Traxlmayr, Universität für Bodenkultur Wien, entwickelt und präklinisch geprüft (siehe Abbildung):
- CARs mit steuerbarem Schalter können durch die Gabe eines Medikaments eingeschaltet werden, indem zwei gleiche CAR-Untereinheiten zusammengelagert werden (Homodimerisierung).
- AND-gate-CARs, die aus zwei verschiedenen Untereinheiten bestehen und spezifisch Kombinationen von zwei verschiedenen Antigenen erkennen. Diese CARs werden nur aktiviert, wenn sie auf eine Zelle treffen, welche beide Antigene an der Oberfläche gleichzeitig zeigt. Der neue Mechanismus dieser CARs ermöglicht erstmals solche Tumorzellen spezifisch abzutöten, ohne dass benachbarte gesunde Zellen, die nur eines der beiden Antigene tragen, angegriffen werden. Die zwei verschiedenen Untereinheiten können außerdem durch Gabe eines Medikaments zusammengelagert (heterodimerisiert) und damit zusätzlich in der Funktion gesteuert werden.
Ausblick: Gezielter Einsatz auch bei anderen Tumoren
Studienerstautor Dr. Benjamin Salzer von der St. Anna Kinderkrebsforschung fasst zusammen: „Der Schlüssel liegt in einem verbesserten CAR-Design. Unsere hochpotenten Aviditäts-kontrollierten CARs sind abhängig von einer zweiwertigen Antigen-Bindung und basieren auf zwei Prinzipien: einer kontrollierten Zusammenlagerung zweier CAR-Einheiten und einer Antigenbindung mit niedriger Bindungsstärke.“
Lehner ergänzt: „Das Auto kann nun präziser gelenkt werden, und außerdem können wir unterschiedlich stark Gas geben. Das macht den Einsatz für eine Vielzahl von Tumoren attraktiv.“
CARs sind künstlich hergestellte Rezeptor-Moleküle. Bestimmte weiße Blutzellen, die T-Lymphozyten, eines Patienten werden gentechnisch so verändert, dass sie diese Rezeptor-Moleküle an ihrer Oberfläche tragen. Die auf diese Weise im Labor „scharf“ gemachten Blutzellen nennt man CAR-T-Zellen. Sie werden dem Patienten injiziert und tragen nun den neuen Rezeptor (CAR) an ihrer Oberfläche. Damit erkennen und attackieren diese Immunzellen dann Tumorzellen, die die entsprechenden Andockstellen für die CAR-Rezeptoren aufweisen. Diese Andockstellen, nämlich Tumor-assoziierte Antigene, sind häufig auch auf gesunden Körperzellen vorhanden. Werden diese ebenfalls angegriffen, so kann das fatale Nebenwirkungen haben (=on-target/off-tumor-Toxizität).
Künstliche Killerzellen kontrollieren durch Ausnutzung von Avidität
Um die Therapie spezifischer gegen Krebszellen zu richten, entwickelten die Wissenschaftler Aviditäts-kontrollierte CARs (AvidCARs). Dafür verwendeten sie Antigenbindungsstellen für ihre CARs, deren Bindungsstärke (Affinität) zum Antigen deutlich verringert ist. Diese verminderte Bindungsstärke macht eine zweifache (=bivalente) Wechselwirkung notwendig, also eine Bindung des Rezeptors an zwei Antigenmoleküle, um aktiviert zu werden. Mit dieser Vorgehensweise wird die sogenannte Avidität genutzt, also die stark vervielfachte Bindungsstärke, die bei zweifacher Bindung zwischen den Bindungspartnern entsteht. Darüber hinaus wurde das CAR-Design so verbessert, dass sich bestimmte Untereinheiten der CARs kontrolliert zusammenlagern (dimerisieren) lassen. Damit wird ein gezieltes Ein- und Ausschalten der CAR-Funktion möglich.
Dieses kontrollierte Zusammenlagern gemeinsam mit der Nutzung der Avidität ermöglicht mehrere Kontrollmechanismen. Diese wurden vom Team rund um Dr. Manfred Lehner, St. Anna Kinderkrebsforschung, und Dr. Michael Traxlmayr, Universität für Bodenkultur Wien, entwickelt und präklinisch geprüft (siehe Abbildung):
- CARs mit steuerbarem Schalter können durch die Gabe eines Medikaments eingeschaltet werden, indem zwei gleiche CAR-Untereinheiten zusammengelagert werden (Homodimerisierung).
- AND-gate-CARs, die aus zwei verschiedenen Untereinheiten bestehen und spezifisch Kombinationen von zwei verschiedenen Antigenen erkennen. Diese CARs werden nur aktiviert, wenn sie auf eine Zelle treffen, welche beide Antigene an der Oberfläche gleichzeitig zeigt. Der neue Mechanismus dieser CARs ermöglicht erstmals solche Tumorzellen spezifisch abzutöten, ohne dass benachbarte gesunde Zellen, die nur eines der beiden Antigene tragen, angegriffen werden. Die zwei verschiedenen Untereinheiten können außerdem durch Gabe eines Medikaments zusammengelagert (heterodimerisiert) und damit zusätzlich in der Funktion gesteuert werden.
Ausblick: Gezielter Einsatz auch bei anderen Tumoren
Studienerstautor Dr. Benjamin Salzer von der St. Anna Kinderkrebsforschung fasst zusammen: „Der Schlüssel liegt in einem verbesserten CAR-Design. Unsere hochpotenten Aviditäts-kontrollierten CARs sind abhängig von einer zweiwertigen Antigen-Bindung und basieren auf zwei Prinzipien: einer kontrollierten Zusammenlagerung zweier CAR-Einheiten und einer Antigenbindung mit niedriger Bindungsstärke.“
Lehner ergänzt: „Das Auto kann nun präziser gelenkt werden, und außerdem können wir unterschiedlich stark Gas geben. Das macht den Einsatz für eine Vielzahl von Tumoren attraktiv.“
Publikation
Engineering AvidCARs for combinatorial antigen recognition and reversible control of CAR function
B Salzer, C M Schueller, C U Zajc, T Peters, M A Schoeber, B Kovacic, M C. Buri, E Lobner, O Dushek, J Huppa, C Obinger, E M Putz, W Holter, M W Traxlmayr*, M Lehner*, Nature Communications 20th August 2020, DOI:10.1038/s41467-020-17970-3.
https://rdcu.be/b6nrm
* Corresponding Authors
Förderung
Diese Forschungsarbeit wurde unterstützt vom Österreichischen Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, von der Christian-Doppler-Forschungsgesellschaft (Christian Doppler Laboratory for Next Generation CAR T Cells), vom Wissenschaftsfonds (FWF-Doktoratsprogramm Biomolecular Technology of Proteins, BioToP, W1224; FWF-Einzelprojekt P32001-B, Eva König neé Putz) und von Spenden an die St. Anna Kinderkrebsforschung. Johannes Huppa und Timo Peters erhielten Unterstützung durch das Horizon 2020 Rahmenprogramm der Europäischen Union (Marie Skłodowska-Curie grant agreement no. 721358). Omer Dushek wurde gefördert durch ein Wellcome Trust Senior Research Fellowship (207537/Z/17/Z).
Engineering AvidCARs for combinatorial antigen recognition and reversible control of CAR function
B Salzer, C M Schueller, C U Zajc, T Peters, M A Schoeber, B Kovacic, M C. Buri, E Lobner, O Dushek, J Huppa, C Obinger, E M Putz, W Holter, M W Traxlmayr*, M Lehner*, Nature Communications 20th August 2020, DOI:10.1038/s41467-020-17970-3.
https://rdcu.be/b6nrm
* Corresponding Authors
Förderung
Diese Forschungsarbeit wurde unterstützt vom Österreichischen Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, von der Christian-Doppler-Forschungsgesellschaft (Christian Doppler Laboratory for Next Generation CAR T Cells), vom Wissenschaftsfonds (FWF-Doktoratsprogramm Biomolecular Technology of Proteins, BioToP, W1224; FWF-Einzelprojekt P32001-B, Eva König neé Putz) und von Spenden an die St. Anna Kinderkrebsforschung. Johannes Huppa und Timo Peters erhielten Unterstützung durch das Horizon 2020 Rahmenprogramm der Europäischen Union (Marie Skłodowska-Curie grant agreement no. 721358). Omer Dushek wurde gefördert durch ein Wellcome Trust Senior Research Fellowship (207537/Z/17/Z).
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